AUS DEM BESITZ DES SCHATZMEISTERS VON KAISER FERDINAND I.

Prachtvolles Salzburger Missale im Fürstenkolorit

TITEL

Missale Saltzeburgensis.
Noviter impressum ac emendatum et quum alicuius sancti missa imperfecta est, notatus est locus ubi inquiri debeat, insuper cum figuris festivitatum ac evangeliorum initia exornantibus iuxta materiam contentam diligentissime accomodatis.

DRUCKER

Petri Liechtenstein (Coloniensis Germani), Venedig, 1515

BESCHREIBUNG

Zweites von Liechtenstein für die Diözese Salzburg gedrucktes Missale, sein achter Missaledruck überhaupt. Vorliegend ein außergewöhnlich schönes, prachtvoll ausgestattetes und gut erhaltenes Exemplar im feinsten Altkolorit mit Goldhöhungen aus bedeutenden Besitz. Kanontafel, sämtliche Holzschnitte und Initialen sowie die ornamentalen Randleisten sind unter reicher Verwendung von Gold und kräftigen, teils deckenden Farben miniaturartig koloriert. Der prächtige Spätrenaissance-Einband mit feuervergoldeten Beschlägen in Roll- und Knorpelwerk. Das Mittelstück in feiner Gravierung und mit Marke zeigt das Wappen derer von Salamanca-Ortenburg und dem Spruch „Sine deo nihil possumus“ („Ohne Gott können wir nichts tun.“).

KOLLATION

12 nicht num. Blatt; 324 num. Blatt, darunter der selten vorhandene, vollständige Kanonteil. Vollständig.
Lagenformel: a-z8; A6; B-S8.

AUSSTATTUNG

Ganzseitiger, altkolorierter Kanonholzschnitt. Druckermarke in Rot und Schwarz am Ende. Ca. 655 figürliche altkolorierte Holzschnitte bzw. Holzschnitt-Initialen in den Maßen 5×4 bis 7×6 cm, darunter 32 elfzeilige Initialen. Ca. 365 ornamentale kolorierte Randleisten (Länge 3-27 cm). Zahlreiche Musiknotationen in Rot und Schwarz gedruckt. Gotische Type in Schwarz und Rot gedruckt. Zweispaltiger Druck in 35 Zeilen. Hunderte gedruckte Anfangsinitialen in Rot und Schwarz.
Blatt: 35 x 26 cm; Satzspiegel: 23,5 x 21 cm.

EINBAND

Für den Fürsten von Salamanca-Ortenburg meisterlich gefertigter, prachtvoller Prunkeinband von 1568. Originaler roter Samtbezug. Zehnteilige filigran gefertigte, feuervergoldete Vermeil-Beschläge mit architektonischen und floralen Motiven, Tieren und Köpfen (Acht Eckbeschläge sowie zwei Deckelbeschläge). Deckelbeschläge in der Mitte jeweils mit graviertem Wappen der Salamanca-Ortenburgs und der Aufschrift „Ernfridus Comes ab Ortenburg“, darüber die Jahreszahl 1568 sowie der Schriftzug „Sine deo nihil possumus“. Vier filigrane Schließbeschläge, Schließbügel und Teile der rückwärtigen Schließen fehlen. Dreiseitig punzierter Goldschnitt. Vier echte Bünde. Einband ist eingelegt in einen prachtvollen Schuber mit Lederrücken, vergoldeter   Rückenbeschriftung und fünf geblendeten Bünden. In sehr gut erhaltener Originalsubstanz. Buchblock und Bindung fest und stabil. Samtbezug berieben (am Rücken und an den Bünden stärker) und mit wenigen Flecken. Dornen der hinteren Mittelbeschläge schlagen durch Deckel. Deshalb Sicherung durch Pappe.
Folio: 33 x 22 x 7 cm; Schuber: 35,5 x 27 x 8,5 cm.

ZUSTAND

Ausgezeichneter Originalzustand. Keine Fehlstellen, Ausrisse oder Risse. Sehr sauberes Exemplar. Teilweise stärkere Oxydationen des Kolorits, ein Blatt mit leichtem Koloritbruch. Titelblatt und letztes Blatt mit einigen Farbflecken und Fliegendreck bzw. fingerfleckig. Blatt 172, 202 und 203 mit schwachem Wasserrand im unteren Rand. Fünf Blätter mit kleinen Braunflecken bzw. stärker fingerfleckig. Erste Lage mit kleinen, unauffällig restaurierten Rissen und Löchlein im äußeren Randbereich. Blatt 173 mit einem alten handschriftlichen Eintrag mit der Überschrift „offertorius“.

PROVENIENZ

Das vorliegende Exemplar stammt aus der Familie von Salamanca-Ortenburg und wurde im Jahr 1568 für den Fürsten Ernfried von Salamanca-Ortenburg aufwändig und prachtvoll (um)gebunden und koloriert. Im Jahr 1524 wurde Gabriel mit der Grafschaft Ortenburg belehnt. Er übernahm den kompletten Besitz der Ortenburgs, ebenso die Bibliothek und somit offensichtlich auch dieses Missale. Es gab im 15. Jahrhundert ursprünglich zwei nicht miteinander verwandte Familien des Namens Ortenburg. Eine Familie sind die reichsunmittelbaren Reichsgrafen von Ortenburg aus der Gegend westlich von Passau. Zentrum der Familie ist heute Tambach im nördlichen Franken. Die in Kärnten (und damit in dieser Diözese) lebende landsässige Familie von Ortenburg starb im frühen 16. Jahrhundert aus. Der letzte Graf soll vergiftet worden sein. Nach dem Aussterben der Kärnter Ortenburgs belehnte Kaiser Ferdinand I. Gabriel Salamanca aus Spanien 1524 mit der Grafschaft Ortenburg in Kärnten. Diese Familie hieß fortan Salamanca-Ortenburg und führte das Wappen der abgestorbenen Kärntner Familie weiter. Ernfried war der jüngste von vier Söhnen des Grafen Gabriel von Salamanca-Ortenburg und residierte in Schloss Porcia in Spittal. Der Vater Gabriel Salamanca war ein aus dem spanischen Burgos stammender Abkömmling eines reichen Handelshauses. Er arbeitete ab 1514 für die Staatskanzlei Kaiser Maximilians I. und wurde wenige Jahre darauf ein enger Vertrauter des jungen, ebenfalls aus Spanien stammenden Ferdinand, der 1521 die „niederösterreichischen“ Länder, nämlich das Erzherzogtum Österreich, die Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol erhalten hatte und später seinem Bruder Karl V. auf den Kaiserthron folgen sollte. Ferdinand setzte Gabriel 1521 als Generalschatzmeister und Hofkanzler ein. Dessen Maßnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts schlugen jedoch fehl, da die Operationen des fremden Geschäftsmanns beim österreichischen Adel auf Ablehnung stießen, die dem Spanier zudem den starken Einfluss auf den Erzherzog neideten. Als Herr von Ehrenberg in Tirol, auf Freyenstein und Karlsbach in Niederösterreich stieg Salamanca bald zum Baron auf, am 10. März 1524 wurde er von Ferdinand mit der Grafschaft Ortenburg belehnt. Stammsitz der ausgedehnten und reichen Grafschaft in Oberkärnten war die Ortenburg, die Salamanca kurz zuvor von Kaiser Karl V. erhalten hatte. Zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratet, wurde er von Ferdinand zu einer standesgemäßen Heirat gedrängt und ehelichte daraufhin am 27. Juli 1524 Gräfin Elisabeth von Eberstein. Von den österreichischen Ständen heftig angefeindet, musste er am 3. Mai 1526 seine Ämter am habsburgischen Hof aufgeben, behielt aber seine Besitzungen bei. Nachdem seine erste Gattin früh gestorben war, heiratete er 1533 die Markgrafentochter Elisabeth von Baden-Durlach (1516-1568). Anstelle der Ortenburg plante er die Errichtung eines neuen Herrschaftssitzes im nahen Markflecken Spittal. Er beauftragte italienische Baumeister mit der Planung und dem Bau eines Prunkschlosses, dem späteren Sitz von Ernfried und heutigen Schloss Porcia, welches aber erst 1598 fertiggestellt wurde. Das Geschlecht der Salamanca starb 1620 aus, die Grafschaft Ortenburg und mit ihr das Schloss Porcia gingen in den Besitz der Bürgerfamilie Widmann über.

NACHWEIS

Literatur: USTC 854395; Adams L 1216; Essling 269; Sander 4835; Rivoli 214 und Abb. S. 230; Weale-Bohatta 1385; Mortimer 308; STC 749 (beide Exempl. Kriegsverluste).

Bibliotheken: 6 x weltweit

KULTURGUT SICHER ERWERBEN

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Preis
55.000 €
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Tilo Hofmann
Artikelnummer
V066
Prachtvolles Missale Saltzeburgensis

Petri Liechtenstein, Venedig, 1515

Im zeitgenössischem Fürstenkolorit und für den Fürsten von Salamanca-Ortenburg meisterlich gefertigten, prachtvollen Prunkeinband. Vollständiges und bestens erhaltenes Exemplar.

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Tilo Hofmann
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Highlight

Mittelalterliche Bibelhandschrift

Biblia Sacra, Paris, um 1250

Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.

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