Kaiser Karl IV. (1316-1378)
Gebotsbrief von Kaiser Karl IV. an die Stadt Halle zur Abtretung von Steuern an den Burggrafen und Reichsfürsten Friedrich V. zu Nürnberg.
Bautzen, 26. November 1371
Die Datierung ergibt sich aus dem Text der Handschrift wie folgt:
„nach Crists geburt drewezehenhundert Jahre, dornach in dem Einundsibenzigtsen Jahre, an des heiligen Erenztag, als er Erhaben ward, Uns heuthe in dem Sechsundzwanzigsten, und des Keistums in dem Erben gehnendem Jare.“.
Der hier genannte heilige Ehrentag seiner ersten Erhebung zum König war der 26. November 1546 (Wahl zum römisch-deutschen König (Gegenkönig) in Rhens am 11. Juli 1346 und die dann am 26. November 1346 in Bonn erfolgte Krönung). Das hier angegebene 26. Regentschaftsjahr bezieht sich folglich nicht auf die Kaiserschaft Karls IV., sondern auf sein 26. Regentschaftsjahr als König des Heiligen Römischen Reiches.
Die Verortung ergibt sich aus dem Verzeichnis der Regesten Kaiser Karls IV. (1346–1378). Hiernach weilte Karl IV. zwischen dem 29.10. und dem 28.12.1371 in Bautzen, wo er insgesamt 21 Urkunden zeichnete und u.a. am 16.11.1371 eine weitere Urkunde an die Stadt Halle verfassen ließ (UB Halle III, 1 n. 1005; StadtA Halle, A 1,2 S. 655 n. 606!).
Bisher in den Regesten Kaiser Karls IV. nicht verzeichneter Gebotsbrief von Kaiser Karl IV. an den Bürgermeister, den Rat und die Bürger der Stadt Halle. Außerordentlich frühes Zeugnis des Prager Kaiserhofes, welches Einblicke in die Finanzverwaltung, respektive Steuereintreibung und Schuldenumlagerung im Heiligen Römischen Reich, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, bietet.
14-zeilige Kanzleihandschrift auf Pergament. Gesiegelt ist der Brief mit dem kaiserlichen Siegel von Karl IV., welches Karl auf dem Thron sitzend zeigt, neben ihm das Wappen mit dem Reichsadler, auf der anderen Seite das böhmische mit dem doppeltgeschwänzten Löwen. Rückseitig in das große Siegel eingelassen ein rotes Kanzleisiegel. Recto gezeichnet „Petrus prepos(itus) Olom(ucensis)“, verso „Johannes Saxo“. Diese Zeichnungen stimmen mit der im Stadtarchiv Halle befindlichen Urkunde Karls IV. vom 16.11.1371, ebenfalls an die Stadt Halle verfasst, überein.
Der Kaiser gebietet im vorliegenden Schreiben der Stadt Halle, die ausstehenden und ihm geschuldeten Steuern an den Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg zu zahlen und gibt hierbei auch den Umrechnungskurs sowie die zu zahlende Währung an.
„ …dem Edlen Friderichen, Burggraven zu Nuremberg, unsrn Eweher und lieben getrewen, gebt und bezalt, ye fur Sechzehndhalben Schilling halber einen guldin, als ir das vert bezalt habt, und wenn ir das getut, So sagen wir euch, derselben Stewr, von diesem Jahre von unsn und des Reichs wegen , quit, ledig und loss.“
Karl IV., geboren als Wenzel, aus dem Geschlecht der Luxemburger stammend, war ab 1346 römisch-deutscher König, ab 1347 König von Böhmen ab 1355 König von Italien, ab 1365 König von Burgund und von 1355 bis 1376 römisch-deutscher Kaiser. Er zählt zu den bedeutendsten Kaisern des Spätmittelalters und war einer der einflussreichsten europäischen Herrscher seiner Zeit. Eine seiner wichtigsten Verdienste war die „Goldene Bulle“, die u.a. fortan die Modalitäten der Königswahl im Heiligen Römischen Reich regelte. Karls ältester Sohn Wenzel, der bereits seit 1363 König von Böhmen war, wurde noch zu Lebzeiten Karls am 10. Juni 1376 zum römisch-deutschen König gewählt.
Friedrich V. von Nürnberg (1333-1398) war ab 1357 Burggraf von Nürnberg und stammte aus dem Haus Hohenzollern. Er zeichnete sich verantwortlich für die Sicherung der strategisch bedeutsamen kaiserlichen Burg von Nürnberg. Im Dienst des Kaisers übernahm er das Amt eines Reichshauptmanns an der Spitze eines Landfriedenbundes in Franken. Aufgrund seiner Loyalität erhob ihn Karl IV. 1363 als ersten Burggrafen in den Reichsfürstenstand. Friedrich V. dankte im Jahre 1397 ab und starb 1398 auf der Plassenburg.
„Wir Karl von gots gnaden Römscher Keiser zu allen zeiten neuer des Reichs und kunig zu Beheim erbieten dem Bürgermeister, dem Rate und den Burgern gemeinlich, der Stat zu Halle, unsern und des Reichs lieben getrewen, und gnad und alles gut, lieben Getrewen, umb die gewonlichen Stewre, die i(h)r uns und dem Reiche, erlich schuldig seit zu geben, Emphelhen und gebieten wir ewern trewen, ernstlich und vestirlich, bey unsrn und des Reichs Hulden, das ir dieselben Stewre, uff Sant mertins tag, der schwest kumpt dem Edlen Friderichen, Burggraven zu Nuremberg, unsrn Eweher und lieben getrewen, gebt und bezalt, ye fur Sechzehndhalben Schilling halber einen guldin, als ir das vert bezalt habt, und wenn ir das getut, So sagen wir euch, derselben Stewr, von diesem Jare von unsn und des Reichs wegen , quit, ledig und loss, mit urkunt dies briefs, versigelt mit unßm Keiserlichen mejestat Insigel, der geben ist zu Prag nach Crists geburt drewezehen hundert Jahre, dornach in dem Einundsibenzigtsen Jahre, an des heiligen Erenztag, als er Erhaben ward, Uns heuthe in dem Sechsundzwanzigsten, und des Keistums in dem Erben gehnendem Jare. Petrus prepos(itus) Olom(ucensis) (verso Johannes Saxo)“.
ÜBERTRAGEN
Wir, Karl von Gottes Gnaden, Römischer Kaiser des Neuen Reichs und König von Böhmen, erbieten dem Bürgermeister, dem Rat und den gemeinen Bürgern der Stadt Halle, unseren und des Reichs lieben, Getreuen und zu meiner Gnade alle guten, lieben Getreuen, um die gewöhnlichen Steuern, die ihr uns und dem Reiche ehrlich schuldig seit zu geben. Wir empfehlen und gebieten euren treuen, ernstlich und manifestierten, gegenüber uns und dem Reichs Huldigung, dass Ihr dieselben Steuern, bis zum kommenden Sankt Martinstag, dem Edlen Friedrich, Burggrafen zu Nürnberg, unseren ehrenhaften und lieben Getreuen, gebt und bezahlt, je für sechzehn Halbe Schilling einen Gulden, als Wertausgleich bezahlt. Wenn ihr dies getan habt, so sagen wir euch derselben Steuer für dieses Jahr, gegenüber uns und dem Reich gegenüber quit, ledig und erledigt, mit der vorliegenden Urkunde dieses Briefes, versiegelt mit unserem Kaiserlichen Majestätssiegel, gegeben zu Prag, nach Christi Geburt Dreizehnhunderteinundsiebzigsten Jahre, an des heiligen Ehrentages, als er (der Kaiser) erhaben ward, in dem heute Sechsundzwanzigsten, des Kaisers Regentschaft andauernden Jahr.
Ausgefertigt von Petrus (…?)
AD 1371
Blatt: Höhe 15 cm; Breite 29 cm
Schriftspiegel: Höhe 8 cm; Breite 21,5 cm
Plica: 4 cm
Durchmesser Kaisersiegel: 10 cm
Durchmesser Kanzleisiegel: 4 cm
Sehr guter Zustand. Weitgehend sauber und breitrandig. Materialbedingt etwas knittrig. An den alten Faltstellen geringfügig berieben. Einige kleine Wurmlöchlein im Textbereich. Siegel am rechten Rand mit abgebrochener Fehlstelle.
nicht in den Regesten Kaiser Karls IV. (1346–1378) auf der Grundlage der von Alfons Huber aus dem Nachlass Johann Friedrich Böhmers 1877/89 herausgegebenen und ergänzten „Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser Karl IV.“ und der Urkundensammlung der Berliner Arbeitsstelle der „Monumenta Germaniae Historica“, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin 2013. Dort jedoch eine vergleichbare Urkunde an die Stadt Halle vom 16.11.1371 verzeichnet.
Erworben aus einer alten privaten Autographensammlung eines Freiburger Mediziners, der diese Urkunde in den 1960-iger Jahren erwarb.
Hiermit bestätigen wir Originalität sowie einwandfreie Herkunft der vorliegenden Handschrift. Das Objekt ist zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Rechten Dritter und wurde am 06.01.2025 mit dem LostArt-Register abgeglichen. Für die Lieferung außerhalb der EU ist eine Ausfuhrgenehmigung der Kulturbehörden erforderlich.
Gesiegelter Gebotsbrief
Bautzen, 26. November 1371
„Wir Karl von gots gnaden Römscher Keiser zu allen zeiten neuer des Reichs und kunig zu Beheim erbieten dem Bürgermeister, dem Rate und den Burgern gemeinlich, der Stat zu Halle, unsern und des Reichs lieben getrewen, und gnad und alles gut, lieben Getrewen, umb die gewonlichen Stewre, die i(h)r uns und dem Reiche, erlich schuldig seit zu geben, Emphelhen und gebieten wir ewern trewen, ernstlich und vestirlich, bey unsrn und des Reichs Hulden, das ir dieselben Stewre, uff Sant mertins tag, der schwest kumpt dem Edlen Friderichen, Burggraven zu Nuremberg, unsrn Eweher und lieben getrewen, gebt und bezalt, ye fur Sechzehndhalben Schilling halber einen guldin, als ir das vert bezalt habt, und wenn ir das getut, So sagen wir euch, derselben Stewr, von diesem Jare von unsn und des Reichs wegen , quit, ledig und loss, mit urkunt dies briefs, versigelt mit unßm Keiserlichen mejestat Insigel, der geben ist zu Prag nach Crists geburt drewezehen hundert Jahre, dornach in dem Einundsibenzigtsen Jahre, an des heiligen Erenztag, als er Erhaben ward, Uns heuthe in dem Sechsundzwanzigsten, und des Keistums in dem Erben gehnendem Jare. Petrus prepos(itus) Olom(ucensis) (verso Johannes Saxo)“.
Reich illuminierte Handschrift auf Jungfernpergament. Diese Handschrift gehört zu den sogenannten „Perlbibeln“, den kleinsten Vollbibeln überhaupt. Dieser Handschriftentyp wurde im frühen 13. Jahrhundert im Umkreis der Pariser Universität entwickelt, um den neuen Bedürfnissen der sich zu dieser Zeit herausbildenden Metropolen zu entsprechen. Insbesondere die gewachsenen Anforderungen an Mobilität ließen die bis dahin in den Abmessungen eher voluminösen Bibeln auf ein Kleinstformat reduzieren. Sie passte somit unter die Kutten der Mönche, die das Wort Gottes in den Metropolen verbreiteten. Daher wird dieser Bibeltypus auch „Taschenbibel“ genannt.
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